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Buchtipps

November 2014


Buchtipps: Erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk


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Oktober 2014


Buchtipps: Erstellt von der STUBE und dem Österreichischen Bibliothekswerk


Buchcover

Online-Rezension "Daniel Glattauer: Geschenkt"
Buchtrailer "Daniel Glattauer: Geschenkt"

Daniel Glattauer: Geschenkt
Roman / Daniel Glattauer. - Wien : Deuticke, 2014. - 334 S.
ISBN 978-3-552-06257-3      fest geb. : ca. € 20,50

 

Ein liebenswerter Loser hat völlig unerwartet als Journalist und als Vater Erfolg. (DR)

Der Ich-Erzähler Gerold Plassek arbeitet als kleiner Redakteur bei der Gratiszeitung "Tag für Tag" ("ein weitgehend kulturloses Blatt für ein weitgehend kulturloses Publikum"), wo er die Leserbriefe und die bunten Meldungen zum Tag betreut. Urplötzlich kommt Bewegung in sein unambitioniertes berufliches Leben, das auch in der Freizeit arm an Glanzlichtern ist (Plassek trinkt zu viel Bier - alleine und mit seinen Stammtischfreunden in Zoltans Bar), als aufgrund einer von ihm verfassten Kurznotiz über ein überfülltes Obdachlosenheim eine anonyme Geldspende von 10.000 Euro abgegeben wird. Insgesamt dreizehn Mal wird nun in weiterer Folge in einem dicken Kuvert dieser Betrag an ein Sozialprojekt gespendet, auf das Plassek aufmerksam gemacht hat. Wie sich das Image des bisher unbedeutenden Journalisten ändert und die Frage, wer wohl der unbekannte Wohltäter sein mag, ergibt den ersten großen Spannungsbogen. Der zweite entwickelt sich aus der Beziehung des 43-Jährigen zu seinem vierzehnjährigen Sohn Manuel, der vorerst nicht weiß, dass der sympathische Loser sein Vater ist. Die Mutter hat ihm den klugen Pubertierenden für ein halbes Jahr quasi zur Nachmittagsbetreuung anvertraut. So sitzt er also bei "Onkel Geri" im Kammerl und hilft ihm wirksam bei den Sozialrecherchen. Zusätzlichen Schwung verleiht dem Roman, der keine böse, sondern eine gute Tat aufklärt, die sich anbahnende Liebesgeschichte Gerolds mit der Zahnärztin Rebecca, die sein marodes Gebiss saniert.
Eine originelle Grundidee (nach einer wahren Begebenheit), die klug gesetzte Personenkonstellation, amüsante Dialoge, süffisante Kommentare und eine überraschende Auflösung des Falles garantieren den LeserInnen intelligente Unterhaltung und dem "neuen Glattauer" breite Resonanz.

Maria Schmuckermair | biblio


Buchcover
Online-Rezension "Wolf Haas: Brennerova"

Wolf Haas: Brennerova
Roman / Wolf Haas. - Hamburg : Hoffmann und Campe, 2014. - 238 S.
ISBN 978-3-455-40499-9      fest geb. : ca. € 20,60

 

Kultfigur Brenner ermittelt wieder. Manchmal ist weniger mehr. Dennoch langweilt Wolf Haas' komische Sprachkunst nie. (DR)

Und ob du es glaubst oder nicht, der Brenner ist wieder da! In seinem mittlerweile achten Krimiabenteuer entdeckt der in die Jahre gekommene Exbulle die Schönheit der Russinnen im Internet. Dass die "einheimischen Weiber" auch nicht zu verachten sind, erfährt er in seiner Beziehung mit der resoluten frühpensionierten Lehrerin Herta. Dort wie da wandelt Brenner alsbald auf Freiersfüßen und mitten hinein ins schlimmste Schlamassel, Doppelleben Hilfsausdruck. Während sich Herta auf einer ihrer schamanischen Wanderreisen befindet, bricht Brenner nach Nischni Nowgorod auf, um die liebreizende Nadeshda kennenzulernen. Statt dem ersehnten Liebesabenteuer erwarten ihn dort Schläge, eine Abfuhr sowie ein gefährlicher Auftrag. Verzweifelt bittet ihn Nadeshda, ihre von einem Mädchenhändlerring verschleppte Schwester in Wien ausfindig zu machen. Wieder daheim taucht Brenner in die düstere Welt der Rotlichtmafia ein. Kurz darauf sorgen eine tätowierte Leiche in der Donau, wenig redselige, aber umso zwielichtigere Zeugen, mehrere abgehackte Hände mit rätselhaften Tätowierungen, eine zweckdienliche Eheschließung und eine unerwartete Geiselnahme für allerlei Ärger und amouröse Turbulenzen. Aber pass auf, was ich dir sage. Nach gut 20 Jahren Romanantiheldexistenz kann den schrulligen Ermittler wider Willen kaum was erschüttern, nur der Geruch von Frauentränen, "Nirwana nichts dagegen". Und Brenner ein Frauentränenumfaller, wie er im Buche steht…
Wo Wolf Haas draufsteht, ist auch Wolf Haas drin. Ungeachtet der längeren Pause, trägt auch dieser Simon-Brenner-Band alle wohlvertrauten Stilmerkmale. Originelle Wortschöpfungen, grotesk übersteigerte Vergleiche, eigenwillige Verknappungen und stereotype Wiederholungen begegnen den LeserInnen wie liebgewonnene alte Bekannte. Ob Internetkontaktbörse, Tätowierungsspruch, Straßenstrich, Stockholmsyndrom, PädagogInnenschicksal, Kraftplatzsuche oder österreichisches Paarverhalten - alles wird aufs Korn genommen.  Natürlich darf auch der das Geschehen im freundschaftlichen Ikea-Du-Ton ironisch kommentierende, zukünftige Ereignisse andeutende, anonyme Erzähler nicht fehlen. Er verschafft uns tiefere Einblicke in die weltanschaulichen Abgründe und das Seelenleben seiner karikaturhaft gezeichneten ProtagonistInnen. "Von dem ganzen ding her" ein kurzweiliges, hochamüsantes Lesevergnügen mit viel Galgenhumor, aber einem allzu tollkühnen Handlungsverlauf, Münchhausen frage nicht.

Elisabeth Zehetmayer | biblio